FA Community Shield 2022
Treffen der FC Liverpool und Manchester City aufeinander, wird gewöhnlich schon im Vorfeld viel gesagt und viel geschrieben. Findet eine solche Partie dann noch vor dem Saisonauftakt statt und haben beide Teams große Transfers getätigt, ist der Umfang der Berichterstattung nur noch größer. Das war auch vor dem FA Community Shield 2022 nicht anders. Alleine schon das erwartete Duell zwischen den Torjägern Erling Håland und Darwin Nuñez wurde von den Medien eifrig herbeigeschrieben. Treffen sollte dabei allerdings nur einer der beiden.
Manchester City hatte sich als amtierender Meister für den Community Shield qualifiziert – nach einem packenden Duell mit Liverpool, das erst am letzten Spieltag zu Gunsten der „Sk Blues“ entschieden wurde. Der FC Liverpool gewann seinerseits beide englischen Pokalwettbewerbe, den FA Cup sowie den EFL Cup. Wie üblich fand das Spiel um den Community Shield auf neutralem Platz statt, allerdings nicht wie in anderen Jahren im Wembley, wo am selben Wochenende das Finale der Frauen-EM zwischen England und Deutschland stieg. Stattdessen fand die Partie im King Power Stadium in Leicester statt, der Heimat von Leicester City. 28 545 Zuschauer bedeuten für den Community Shield die kleinste Kulisse seit fast 40 Jahren.
Guter Start für Liverpool
Die erste Hälfte des nicht nur in England mit viel Spannung erwarteten Duells ging klar an den FC Liverpool. Eine Vorlage von Mohamed Salah verwertete Trent Alexander-Arnold zum 1:0 für den Pokalsieger. Er erhielt dabei ein wenig Hilfe von Citys Innenverteidiger Nathan Aké, der den Ball mit dem Kopf unhaltbar für seinen Keeper Ederson ins eigene Tor lenkte. Der Treffer wurde dennoch Alexander-Arnold zugeschrieben. Erling Håland kam in der ersten Halbzeit zu einer guten Chance, scheiterte jedoch an Adrian, der im Liverpooler Kasten den angeschlagenen Alisson vertrat.
Jürgen Klopp setzte im Angriff zunächst auf seine vertrauten Kräfte, die auch ohne Sadio Mané und Divock Origi noch immer formidabel sind. Mohamed Salah, Roberto Firmino und Luis Diaz stellten die Verteidigung von Manchester City denn auch immer wieder vor Probleme. Salah traf schon in der dritten Minute ins Außennetz. Auf der anderen Seite hatte Pep Guardiola mit Erling Håland endlich wieder einen Mittelstürmer zur Verfügung, nachdem Sergio Agüero seine Karriere mitten in der vergangenen Saison abrupt hatte beenden müssen und auch die als „falsche Neun“ eingesetzten Raheem Sterling und Gabriel Jesus den Verein im Sommer verlassen hatten.
Offener Schlagabtausch in der zweiten Hälfte
Nach rund einer Stunde reagierte Guardiola auf den Rückstand und ersetzte seine beiden Flügel Riyad Mahrez und Jack Grealish durch Phil Foden und Julian Alvarez. Alvarez war schon im Januar 2022 von River Plate verpflichtet worden, blieb allerdings noch bis im Juli selben Jahres beim Klub in seiner argentinischen Heimat. Gleich in seinem ersten Spiel für Manchester City gelang ihm zwölf Minuten nach der Einwechslung sein erster Treffer. Der gleichzeitig eingewechselte Foden hatte seinen Schuss noch von Adrian pariert gesehen, Alvarez drückte den Abpraller zum Ausgleich über die Linie.
Kurz nach dem Doppelwechsel bei den Citizens wechselte Jürgen Klopp mit Darwin Nuñez seinen Matchwinner ein. Der Uruguayer war im Sommer für rund 75 Millionen Euro von Benfica Lissabon gekommen, wo er in zwei Saisons immerhin 32 Liga-Treffer erzielt hatte. Seine Einwechslung für Firmino brachte frische Energie ins Spiel der Reds und sorgte für Schweißperlen auf der Stirn der City-Verteidiger. Ruben Dias, nach Fernandinhos Abgang neuer Kapitän bei Man City, sprang der Ball nach einem Kopfball von Nuñez an die Hand. Den nach einer VAR-Konsultation fälligen Elfmeter verwandelte Mohamed Salah zur erneuten Führung für Liverpool.
Man City kam zwar vor allem in der Person von Håland noch zu weiteren guten Torchancen. Der große Norweger blieb allerdings in seinem ersten Einsatz für den neuen Verein ohne Torerfolg. Stattdessen war es auf der anderen Seite Darwin Nuñez, der mit dem 3:1 tief in der Nachspielzeit die Partie endgültig zugunsten von Liverpool entschied. Die Reds durften sich so über den 16. Titel im Community Shield freuen und zogen mit Arsenal gleich. Rekordsieger ist Manchester United mit 21 Titeln.
Mehr als ein „glorified Friendly“
In England ist im Zusammenhang mit dem Community Shield immer wieder von einem „glorified Friendly“ zu lesen – einem überbewerteten Freundschaftsspiel. Doch der Schlagabtausch, den sich die Teams von Klopp und Guardiola lieferten, war mehr als das. Er bot dem Publikum viel Spektakel und Spannung. Viele Zuschauer waren nach Leicester gekommen, um Erling Håland und Darwin Nuñez erstmals mit ihren englischen Teams in Aktion zu sehen. Sie wurden auf keinen Fall enttäuscht.
Wenn man den Community Shield als Gradmesser für die nun angelaufene neue Saison nehmen darf, kann sich der geneigte Beobachter auf eine tolle Spielzeit freuen. Gemessen am Gezeigten dürften sowohl Manchester City als auch der FC Liverpool 2022/23 wieder um den Meistertitel in England mitspielen. In beiden Kadern gab es gewichtige Abgänge in der Offensive – doch der für teures Geld geholte Ersatz dürfte die entstandenen Lücken füllen können.
Für Jürgen Klopp war der Community Shield auch aus persönlicher Sicht eine Partie, die mehr als nur den Charakter eines Freundschaftsspiels hatte. Den FA Cup und den EFL Cup hatte er mit den Reds schon gewonnen und 2020 führte er den Traditionsverein erstmals seit dreißig Jahren zum englischen Meistertitel. Doch die vierte Trophäe, der Community Shield, fehlte noch in Klopps Sammlung. Pep Guardiola war mit Manchester City bereits 2018 und 2019 erfolgreich gewesen.
Nuñez als Mann des Spiels
Als Mann des Spiels wurde ein Akteur ausgezeichnet, der nur gerade das letzte Drittel der Partie bestritt. Darwin Nuñez Einfluss auf die Partie war allerdings entscheidend. Gelang Manchester City nach seiner Einwechslung noch der Ausgleich, lenkte der Uruguayer wenig später die Partie in die entscheidenden Bahnen. Dass die Verteidigung von Manchester City teils nur verbotene Mittel entgegenzusetzen hatte, ist ein Zeichen dafür, wie einflussreich die Neuverpflichtung ist. Jürgen Klopp und das Publikum an der Anfield Road dürften an Nuñez noch viel Freude haben. Ob er den zum FC Bayern abgewanderten Sadio Mané komplett wird ersetzen können, wird der Lauf der Saison zeigen müssen. Mit seinem Treffer und einigen weiteren guten Szenen hat Nuñez aber definitiv gezeigt, dass er drauf hat, was die Verantwortlichen in Liverpool von ihm erwarten.
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