- NBA-Skandal erschüttert die Liga
Im Oktober wurden NBA-Star Terry Rozier, Trainer Chauncey Billups und Ex-Spieler Damon Jones festgenommen. Der Skandal führte zu Kongress-Anhörungen und warf Fragen zur Sport-Integrität auf. - MLB-Pitcher manipulierten einzelne Würfe
Die Guardians-Pitcher Emmanuel Clase und Luis Ortiz sollen gegen Bestechung Pitches manipuliert haben. Tipper gewannen 400.000 Dollar – den Spielern drohen bis zu 65 Jahre Haft. - Türkei: Über 1.000 Fußballer involviert
Der türkische Fußballverband deckte auf: 65% aller Schiedsrichter und über 1.000 Spieler besaßen Wettkonten. Die Ermittlungen führten zu Sperren und Verhaftungen hochkarätiger Namen. - NCAA untersucht 30 College-Spieler
Bundesermittler und die NCAA starteten im November Untersuchungen gegen mindestens 30 Basketballer. Mehrere wurden bereits gesperrt, nachdem sie auf eigene Spiele wetteten. - Prediction Markets als neue Bedrohung
Plattformen wie Kalshi verzeichneten explosives Wachstum mit über 1 Milliarde Dollar wöchentlich. Fehlende Aufsicht und Mikro-Wetten werfen neue Integritätsfragen auf. - Steuerreform trifft Profi-Tipper hart
Eine neue US-Steuerregelung erlaubt ab 2026 nur noch 90% Verlustabzug. Kritiker warnen vor Abwanderung in illegale Märkte. - Kongress fordert strengere Regulierung
US-Senatoren bezeichneten die Skandale als „neue Integritätskrise“. Sie forderten von MLB und NBA umfassende Reformen gegen „systemische Verwundbarkeit“.
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00:00 / 00:00Skandaljahr 2025: Wenn Wetten den Sport einholen
Sieben Jahre nachdem der Supreme Court das bundesweite Verbot von Sportwetten kippte, sollte 2025 eigentlich ein Jahr der Konsolidierung werden. Stattdessen wurde es zum Wendepunkt einer Industrie, die ihr größtes Versprechen nicht einhalten konnte: die Integrität des Sports zu schützen. Innerhalb weniger Wochen im Herbst überschlugen sich die Meldungen. Bundesbehörden verhafteten NBA-Profis und -Trainer. Baseball-Pitcher standen vor Gericht, weil sie einzelne Würfe manipuliert hatten. In der Türkei brach ein System zusammen, als herauskam, dass zwei Drittel aller Schiedsrichter wetteten. Und während die etablierten Ligen noch versuchten, die Brandherde zu löschen, wuchs im Hintergrund eine neue Bedrohung heran: Prediction Markets, die mit rasantem Tempo Marktanteile eroberten und dabei jede staatliche Kontrolle umgingen.
NBA & NCAA
- Was war passiert?
Im Oktober wurden 34 Personen wegen illegaler Basketball-Wetten und Mafia-Pokerspiele verhaftet. Parallel deckten FBI und NCAA auf, dass mindestens 30 College-Spieler auf eigene Spiele wetteten und Insider-Informationen weitergaben. - Wer war betroffen?
NBA: Terry Rozier (Miami Heat), Coach Chauncey Billups (Portland) und Ex-Spieler Damon Jones. College: Spieler von Arizona State, Temple, Fresno State, San Jose State und Eastern Michigan.
MLB
- Was war passiert?
Zwei Guardians-Pitcher manipulierten gegen Bestechung einzelne Würfe. Clase informierte Wettende vorab über Pitch-Geschwindigkeiten, Ortiz warf gezielt Bälle – Tipper gewannen über 400.000 Dollar. - Wer war betroffen?
Emmanuel Clase (All-Star Closer) und Luis Ortiz (Starting Pitcher). Beiden drohen bis zu 65 Jahre Haft.
Türkei
- Was war passiert?
65% aller Schiedsrichter (371 von 571) besaßen Wettkonten, 152 wetteten aktiv – einer platzierte 18.227 Wetten. Zwei Wochen später wurden 1.024 Fußballer gemeldet, darunter 27 Süper-Lig-Profis, die auf eigene Spiele oder Teamkollegen wetteten. - Wer war betroffen?
152 Schiedsrichter (darunter 7 Elite-Referees) verloren ihre Lizenz. Spieler: Metehan Baltacı (1.600 Wetten), Mert Hakan Yandaş (in U-Haft) und Eyüpspor-Präsident Murat Özkaya.
USA: Wenn Stars zu Tätern werden
Als im Oktober 34 Personen festgenommen wurden, darunter prominente Namen aus der NBA, war das erst der Anfang. Terry Rozier, Guard der Miami Heat, soll in illegale Basketball-Wetten verstrickt sein. Chauncey Billups, Headcoach der Portland Trail Blazers, wurde beschuldigt, gegen Bezahlung an Mafia-Pokerspielen teilgenommen zu haben. Die Anklage deutet zudem an, dass er Informationen über geplante Niederlagen seines Teams weitergegeben haben könnte. Ex-NBA-Profi Damon Jones komplettierte die Liste der Angeklagten.
Parallel ereignete sich im Baseball eine Geschichte von absurder Tragik. Emmanuel Clase, einer der besten Closer der Liga mit einem Jahresgehalt von 4,9 Millionen Dollar, soll Wettern vor seinen Einsätzen mitgeteilt haben, wie schnell seine ersten Würfe sein würden. An einem einzigen Abend im Mai 2023 gewannen sie damit 27.000 Dollar. Clase rekrutierte später seinen Teamkollegen Luis Ortiz für das Schema. Ortiz erhielt 5.000 Dollar dafür, im zweiten Inning eines Spiels gegen Seattle den ersten Wurf bewusst daneben zu werfen. Die Mariners erzielten fünf Runs, Cleveland verlor deutlich. Als Ortiz später gefragt wurde, woher das Geld stamme, instruierte ihn Clase, zu sagen: „Für ein Pferd.“
Der dritte große US-Skandal betraf den College-Sport, wo junge Spieler mit unsicheren Zukunftsperspektiven zur leichten Beute wurden. Im November starteten FBI und NCAA eine Untersuchung gegen mindestens 30 Spieler aus Division I, die meisten von kleineren Programmen wie Arizona State, Temple und Mississippi Valley State. Drei Spieler von Fresno State und San Jose State wurden im September gesperrt, nachdem herauskam, dass sie auf eigene Spiele gewettet und Insider-Informationen weitergegeben hatten. Bei einem Spiel von Eastern Michigan im Januar 2025 waren ungewöhnlich hohe Wetteinsätze auf ein spezifisches Ergebnis registriert worden – das dann exakt eintrat.
Türkei: Als ein ganzes System kollabierte
Was der türkische Fußballverband TFF Ende Oktober präsentierte, übertraf selbst pessimistische Erwartungen. Eine interne Revision aller 571 aktiven Schiedsrichter ergab: 371 von ihnen – 65 Prozent – unterhielten Wettkonten, was gegen FIFA- und UEFA-Regularien verstößt. Noch schlimmer: 152 nutzten sie aktiv und setzten Fußball-Wetten, darunter auch auf Ligen, in denen sie selbst pfiffen. Sieben Elite-Referees der Süper Lig waren involviert. Ein Schiedsrichter hatte 18.227 Wetten platziert – über 50 pro Tag über ein Jahr lang. 42 weitere hatten jeweils mehr als 1.000 Wetten auf Fußball abgeschlossen.
TFF-Präsident İbrahim Hacıosmanoğlu sprach von einem „Wendepunkt“ und kündigte an, „aufzuräumen, was schmutzig ist“. Die 152 Schiedsrichter erhielten Sperren von acht bis zwölf Monaten, 149 verloren automatisch ihre Lizenz. Keine zwei Wochen später weitete sich die Krise aus: 1.024 Fußballer wurden wegen Wettverdachts gemeldet, 27 davon aus der Süper Lig. Galatasarays Metehan Baltacı hatte 1.600 Wetten abgeschlossen. Fenerbahçes Kapitän Mert Hakan Yandaş soll über Mittelsmänner gewettet haben – unter anderem darauf, dass sein Teamkollege İsmail Yüksek mindestens drei Fouls begehen würde. Die Staatsanwaltschaft Istanbul hat Dutzende Personen angeklagt, darunter Vereinspräsidenten und Funktionäre. Was als interne Revision begann, entwickelte sich zu einer der größten Integritätskrisen in der Geschichte des europäischen Fußballs.

Prediction Markets: Die stille Revolution
Während sich die Sportwelt mit Skandalen herumschlug, vollzog sich im Hintergrund eine tektonische Verschiebung. Prediction Markets, lange ein Nischenphänomen, explodierten 2025 regelrecht. Kalshi, eine der führenden Plattformen, verzeichnete ein Wachstum von 1.000 Prozent und wickelt mittlerweile jede Woche über eine Milliarde Dollar ab. Polymarket, der globale Marktführer, startete im Dezember auch in den USA. Und selbst traditionelle Anbieter wie DraftKings und Fanatics stiegen ins Geschäft ein. Das Konzept unterscheidet sich fundamental von klassischen Sportwetten. Nutzer kaufen und verkaufen „Verträge“ auf Ja/Nein-Ausgänge von Ereignissen – ähnlich wie an der Börse. Gewinnt Team A? Ja oder Nein. Wird es mehr als 200 Punkte geben? Ja oder Nein. Die Plattformen selbst wettet nicht gegen die Nutzer, sondern kassieren eine kleine Transaktionsgebühr, egal wer gewinnt. Sie vergleichen sich mit Brokern, nicht mit Buchmachern.
Die traditionelle Wettindustrie beobachtet den Aufstieg von Prediction Markets mit gemischten Gefühlen. Einerseits ist das Konzept interessant genug, dass DraftKings, FanDuel und andere eigene Plattformen gelauncht haben oder launchen werden. Andererseits fürchten sie um ihre Marktanteile. Wenn ein Anbieter in allen 50 Staaten operieren kann, während Konkurrenten sich Staat für Staat durchkämpfen müssen, ist das ein enormer Wettbewerbsvorteil. Gleichzeitig entstehen neue Partnerschaften: Die NHL und die UFC haben 2025 Deals mit Prediction Markets geschlossen. Kalshi arbeitet mit IC360 zusammen, einem Integritäts-Monitor, der auch für die großen Ligen tätig ist. Die Branche versucht, Vertrauen aufzubauen – aber der Prozess ist holprig. Zu viele offene Fragen, zu wenig erprobte Prozesse, zu wenig regulatorische Klarheit.

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